Sonntag, 12. August 2012

"The Location"

Unser Zimmer
(die Zettel über meinem Bett sind über die Zeit angesammelte "Deine Mudda"-Witze...)
Wieder ist eine Woche rum, und dass diese für mich sehr schnell vorbeizog, zeigt, dass ich merkbar immer mehr hier ankomme. Ich fühle mich mittlerweile recht wohl hier und nachdem ich mein Zimmer mal einem ordentlichen Frühjahrsputz (und hier ist es wirklich ein Frühjahrputz) unterzogen habe, wobei ich ein paar Bücher gefunden habe, ist auch das allein gut zu bewältigen. Ich genieße es ehrlich gesagt, nach einem Tag schreiender Kinder oder streitender Jugendlicher in mein Zimmer zukommen und nichts tun zu müssen. Mir macht es Spaß mit den Kindern zu sein und Spiele mit ihnen zu spielen, aber wie das halt so ist, kann es auch echt anstrengend werden. Ich entdecke immer mehr, dass die verschiedenen Häuser alle sehr unterschiedlich sind und ich mich in dem einen manchmal wohler fühle, als in einem anderen. Besonders wenn du Housemother Zulu ist, wird eigentlich nur Zulu gesprochen, woran ich mich überraschend schnell gewöhnt habe, aber ich doch merke, dass es angenehmer ist, alles zu verstehen. Außer die Kids kriegen mal wieder eins hinter die Löffel, das muss man nicht immer mitbekommen.

Goodness und Piwo
 Wichtig war für mich wohl das letzte Wochenende, von dem ich euch noch berichten möchte. Goodness hat mich also zu ihrer Familie nach Pietermaritzburg eingeladen und sagte mir, dass ihr zu Hause für mich etwas Anderes und Neues sein werde und nicht zu vergleichen sei mit Greytown und dem Heim. Wir sind also von einer Aunty aus dem Heim mit nach PMB genommen worden und haben von der Stadt aus erst mal ein Taxibus genommen. Taxibusse sind Busse die offiziell 12-14 Leute mitnehmen (realistisch zu guten Zeiten ca. 20 Leute) und eine Route fahren, auf deren Weg Leute ein uns aussteigen. Gezahlt wird bei einem Burschen, der immer mitfährt, die Tür aufmacht und den Frauen bei ihren gefühlten 50000 Tüten und 3 Kindern auf dem Arm hilft. Ich war sehr gespannt darauf, weil die Meinungen hier sehr verschieden über die Busse sind. Aunty Rene (die Frau von Pieter, dem Heimleiter) sagte zu mir, es sei gefährlich mit ihnen zu fahren und sie würde ihren Kindern das nicht erlauben. Ihr Mann sagte mir, er sehe das nicht so, ich könne damit fahren, auch alleine, der Bus muss nur voll sein und ich solle auf keinen Fall nachts damit fahren. Die anderen Volunteers haben mir auch berichtet, sie seien alleine damit gefahren aber ich war erst mal froh, dass erste Mal mit einem Local gemeinsam fahren zu können. Wir zahlten also jeder  9 Rand (ca. 90 cent) um von der Stadt ins ca. 20 minütig entfernte zu Hause von Goodness zu fahren und ich fühlte mich keinesfalls unwohl. Der Bus fuhr durch PMB bis wir schließlich an einer Mall vorbeikamen, wo schon auffiel, dass keine Weißen mehr zu sehen waren. Ab da gings bergauf ins Township, was hier „Location“ genannt wird. Tja, für mich als Deutsche eine andere Welt, von der ich erwartet habe, sie in Afrika zu sehen.
Goodness´ Mutter lebt mit einer ihrer Enkelinnen und bis jetzt auch mit Goodness´ Tochter Piwo zusammen (die nach unserem Besuch aber mit uns ins Kinderheim gekommen ist). Eine ihrer Töchter lebt mit ihrem Mann direkt gegenüber und ist mit ihrem fünfmonatigen Sohn eigentlich auch den ganzen Tag anwesend. Die Familie hat zwei Hütten, von der die eine aber eigentlich nie genutzt wird (ich habe sie als Badeort genutzt). Eine Hütte besteht aus einem Raum, in dem sich eine Küchenzeile, Kühlschrank, ein Tisch, zwei Betten und ein Fernseher drin befinden. Fließendes Wasser gibt es für jede Hütte vor der Tür aus einem Hahn, braucht man warmes muss es aufgekocht werden. Die Toilette ist ein Plumpsklo hinter dem Haus. Es gibt Dinge, an die muss man sich dort gewöhnen, zum Beispiel, dass man als Weiße nachts nicht alleine hinters Haus auf Toilette geht oder man zu sechst in einem Raum schläft und das schreiende Baby direkt neben einem nicht in einem Nebenraum beruhigt werden kann. Oder einfach dass es kein fließend Wasser gibt. Dementsprechend wird sich auch anders gewaschen. Ich habe eine große Plastikschüssel mit aufgekochtem Wasser, einen Waschlappen und ein Handtuch bekommen und wurde in dem nicht genutzten Raum mir selbst überlassen. Ich weiß zwar nicht, ob und wenn ja wann, ich mich zuletzt so gewaschen habe, aber es gefiel mir. Wenn man so aufwächst, freut man sich sicher über jede Dusche aber wenn man eben nicht damit aufwächst, merkt man, dass es auch ohne geht.
Ich mochte es insgesamt sehr bei Goodness Familie. Alle waren sehr nett zu mir, ich habe ununterbrochen essen aufgequatscht bekommen und es war einfach neu und anders. Goodness fragte mich öfter, ob es mir gut ginge und es mir gefalle, ich hatte manchmal den Eindruck, sie wolle sich eventuell dafür „entschuldigen“, wie ihre Familie lebt. Aber ich habe es wirklich sehr genossen dort und habe mir nichts daraus gemacht auf ein Plumpsklo gehen zu müssen und keine Dusche mit Warmwasser zu haben.
Wenn ich mit ihr durchs Township gelaufen bin (welches leider sehr sehr dreckig ist, weil jeder seinen Müll irgendwohin schmeißt), hatten wir automatisch alle Aufmerksamkeit. Es passiert wohl nicht sehr häufig, dass sich Weiße dorthin „verirren“. Jeder hat uns gegrüßt, manche riefen mir Sachen, wie „Ich liebe Dich, ich will dich heiraten“ hinterher, was man am besten mit einem Lächeln und einem „Nein, Danke“ beantwortet. Teilweise drehen die Jungs aber auch ein bisschen über und dann muss man etwas direkter werden. Aber da ich Goodness bei mir hatte, habe ich mich immer sehr sicher gefühlt und alleine als Weiße würde ich da soeben mal nicht lang spazieren.
Schön an Pietermaritzburg ist, dass es dort deutlich wärmer als in Greytown ist. Zwar hatten wir in Greytown tagsüber immer ganz passable Temperaturen aber nachts wird es hier echt bitterkalt. In PMB war es tagsüber gut warm und nachts konnte man ebenfalls noch in leichter Jacke rumlaufen, während ich mir hier alles Pulloverartige, was ich finden kann, überschmeiße. Diese Woche hatten wir morgens tatsächlich Schneeregen, gestern waren es tagsüber bestimmt 25 Grad und auch abends lauwarm. Ihr merkt, über den südafrikanischen Winter lässt sich keine Pauschalaussage machen, er kommt, wie er kommt. Mal in T-Shirt mal in dicker Strickjacke (die mir Rene zum Glück geliehen hat). Leider wird man bei so einem Wetter schnell krank, was mir glaub ich kurz bevor steht.
Morgen kommen zwei weitere deutsche Freiwillige und ich bin sehr gespannt auf sie. Ich freue mich sehr auf die Zeit, weil wir unsere freien Tage und Wochenenden Reisen betreffend auf jeden Fall gemeinsam mehr nutzen können, als ich es alleine könnte und die Abende und freien Stunden etwas lebhafter werden. Aber ich genieße es auch, noch die einzig Deutsche hier zu sein, das Zimmer noch für mich allein zu haben und die einzige „Aunty  German“ zu sein (wenn mein Name mal vergessen wird).

"Toddlers"

Ich denk an euch und freue mich, von euch zu hören
Eure Nora

PS.: Zulusprachkurs – Einheit: Vokabeln, die den Kopf betreffen:
Haare: unwele
Kopf: ikhanda
Ohren: idlebe
Augen: amehlo (amechlo)
Nase: ikhala
Mund: umlomo
Zähne: amazinyo
Gesicht: ubuso (obuso)

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