Sonntag, 26. August 2012

"May God bless you"

Heimgelände
Morgen bin ich nun schon vier Wochen hier und ich hab mich echt gut eingelebt. Mein Zimmer betrachte ich als „mein“ Zimmer, mein Bett hab ich nun auch schon frisch bezogen, unser Nachtisch quillt bald über und die Wände füllen sich mit Bildern und Gebasteltem von den Kindern.
Seit knapp zwei Wochen teile ich mir mein Zimmer mit Franziska. Sie und Aileen sind meine beiden „german friends“ (so sagen die staff members immer). Wir haben alle drei die gleichen Aufgaben hier, sind immer in verschiedenen Häusern und jeder hat seine eigene Kinder in der study-time. Wir kommen wirklich gut miteinander aus, hocken morgens und abends gemeinsam in der Küche und erfreuen uns an Leckereien, die wir ganz oft von Aunty René geschenkt bekommen (Bananenbrot, Biscuits, Futch etc.). Franzi und ich versuchen uns durch ein paar Runden im Park die Woche fit zu halten und wir freuen uns alle auf den Sommer, wenn wir im Pool schwimmen gehen können.
Zum Thema Sommer kann ich eigentlich nur sagen, dass der südafrikanisch Winter den deutschen Sommer hier jetzt definitiv mit 32 Grad erreicht hat (abgesehen von eurer Hitzewelle da grade). Uns reichts dann eigentlich auch schon von der Wärme her aber ich glaube, wir müssen damit leben, dass die afrikanische Sonne uns noch lange nicht alles gezeigt hat, was sie kann. 

sicherer Transport in Südafrika
Zum Glück haben wir in Aileen auch eine tapfere Spinnenentfernerin gefunden und sie musste schon zum Einsatz kommen. Das war zwei Tage nachdem die beiden angekommen sind und ich war ziemlich froh, dass mir ein Biest in der Größe nicht begegnet ist, als ich allein war (wir haben beschlossen, dass es sich um eine Pavianspinne gehandelt haben muss, die laut Reiseführer erschreckend groß aber ungefährlich sein soll).
Wir mussten auch schon ohne Strom auskommen (was dann beim nächtlichen Gang zur Toilette etwas unangenehm war, weil ich das Bad immer genau abchecke seit dem ich dort meiner besten Freundin Spinne begegnet bin), und so kam es, dass wir dann mit Wasserkocher ins nächste Haus gelaufen sind, um nicht auf Tee und eingeweichte Haferflocken verzichten zu müssen. Tags darauf hatten wir dann zwar wieder Strom, dann aber nur kaltes und später gar kein Wasser mehr. Franzi und ich sind also in das Haus der Highschool Mädels um dort zu duschen. Ihr merkt, wir haben genug Nachbarn, um im Notfall zurecht zu kommen.

Unsere kleinste Mitbewohnerin
An Sarah und Yvodia, bei denen wir im Haus leben, tasten wir uns auch immer mehr ran und kommen mittlerweile sehr gut mit beiden aus. Evodia arbeitet ganztätig, sieben Tage die Woche (für umgerechnet 100 Euro im Monat...), wodurch Sarah immer ihre kleine Enkelin bei ihrer Arbeit dabei hat. Wir haben sie ihr diese Woche öfter mal abgenommen und sind mit ihr in die Stadt gelaufen (man wird sehr komisch angeguckt: zwei Weiße, eindeutig nicht von hier kommend, mit einem kleinen Schokobaby) oder haben sie bei uns gehabt. Die Kleine mag Franzi mittlerweile so sehr, dass sie immer anfängt zu weinen, wenn sie sie sieht und nicht bei ihr bleiben kann.

Laufenlernen in unserer Küche













Auch die Wochenenden gestalten sich zu dritt wesentlich spannender als allein. Letztes Wochenende waren Franzi und ich mit den Highschool Mädchen in einer zweistündig entfernten Gemeinde, die sich ein kleines Entertainment-Programm für die Mädels ausgedacht hatte.
Mädels beim Kuchen auspacken
Alle (auch wir beide) durften einen Kuchen machen: wir hatten vorgebackene Böden, die wir mit Creme eingestrichen und dann verziert haben. Die Mädels haben an Süßigkeiten alles drauf geschmissen, was Platz gefunden hat und haben am Ende kleine Preise für die vier schönsten Kuchen bekommen. Nach dem Kuchen „backen“, wurde den Mädels dann von zwei traditionell gekleideten Zulu-Frauen gezeigt, wie sie mit einfachen Plastikperlen Ketten und Armbänder machen können. Danach wurde noch ausgiebig gegessen (Burger und Pommes) und gemeinsam gesungen und dann gings wieder zurück. Für ungefähr 4,5 Stunden Programm saßen wir insgesamt 4 Stunden im Auto und Franzi und ich dachten uns zunächst, dass sich das ja eigentlich gar nicht lohnt. Aber als wir gesehen haben, wie viel Spaß die Mädels in den paar Stunden hatten und wie sehr sie es genossen haben, gemeinsam etwas außerhalb des Heims zu machen, haben wir unsere Meinung geändert.
 Franziska und ich mit unseren fertigen Prachtexemplaren
(einen haben wir verschenkt, so viel Schoko und Creme
kann kein Mensch essen)
Traditionelle Kleidung und Schmuck
Und auch für uns war es eine tolle Erfahrung, die Mädels mal außerhalb des Heims und der study-time zu erleben und mit ihnen Spaß zu haben. Uns ist besonders aufgefallen, wie besonders es für die Mädchen war, einen eigenen Kuchen nur für sich zu haben. Im Endeffekt hat keiner ein Problem damit, zu Hause seinen Kuchen zu teilen, aber wir haben auch vermutet, dass die Mädchen sich alles an auffindbaren Süßigkeiten auf den Kuchen gepackt haben, weil es für sie einfach sehr sehr selten ist, frei über Leckereien zu verfügen. Wenn die Kinder hier Taschengeld bekommen, werden immer auf dem Gelände von einer Aunty Chips verkauft und man sieht eigentlich kein Kind ohne Chipstüte in der Hand. Mir war also recht schnell klar, dass Süßigkeiten hoch im Rennen stehen. Einmal waren Franzi und ich auf dem Weg zum Computer Raum und hatten uns für den Weg Schokolade mitgenommen, aber nicht daran gedacht, dass uns Kinder über den Weg laufen könnten. Als wir aus der Haustür kamen, kamen also direkt 4 Kleine auf uns zu gelaufen, die scheinbar nur darauf gewartet haben, dass wir mit was Essbarem kommen. Oder gestern wurden Franzi und ich beide nacheinander von einem älteren Mädchen gefragt, ob wir ihr einen Rand geben könnten, damit sie sich was Süßes kaufen könnte. Für uns ist ein Rand eigentlich nicht viel, aber trotzdem können wir nicht anfangen, den Kindern Geld zu schenken. Aber sie hat sichtlich nicht verstanden, dass wir ihr nichts geben wollen und schien echt eingeschnappt. Es ist halt teilweise echt nicht einfach, zu wissen, dass man sich hier quasi alles leisten kann, was die Kinder gerne hätten.

Einer meiner study-Jungs
Diese Woche hatte ich schon ein paar Wechsel bei meinen study-Kindern, weil einer sich nicht benehmen wollte und „ausgetauscht“ wurde. Manche Kinder wollen wirklich extra-study haben und sind immer ganz traurig, wenn man nicht sie in den Häusern abholt, sondern jemand anderes mitgehen darf. Und wenn sich dann jemand nach mehrmaligem Auffordern nicht benimmt, darf jemand anderes für ihn kommen. Außerdem habe ich noch zwei Jungs bekommen, denen ich bei Englisch helfen soll. Beide sind in der vierten Klasse, der eine ist 9, der andere 11. Der 9 Jährige kann lesen, versteht meistens was ich mit ihm rede und bei ihm muss ich noch ein bisschen schauen, was genau ich mit ihm mache. Der andere kann auf Englisch eigentlich so gut wie gar nicht lesen und versteht meistens nicht, was ich von ihm will, außer ich frage „How are you?“ oder „What´s your name?“. Das gestaltet sich dann als etwas schwierig, weil mein Zulu doch nicht so gut ist, ihm was erklären zu können… Da muss dann Stift und Papier oder Zeichensprache herhalten.


Morgens beim Meeting können wir uns manchmal über ein paar stories von den Hausmüttern oder anderen Mitarbeitern erfreuen. So hat uns Aunty Doreen gestern erzählt, dass sie ihren Kleinsten beim Verlassen des Hauses nachrief: „Enjoy your day!“, woraufhin sich einer der 5 jährigen umdrehte, sie anschaute, seine Hand auf sein Herz legte und sagte: „With joy in our heart!“ Die Kleinen sind echt knuffig, auch wenn sie einen schon mal echt auf die Probe stellen können, wenn sie einfach keine Lust haben stillzusitzen, um mir zu sagen, wie viele Finger ich grade in die Luft halte.

"Der Pate"
Ich bin nun in alles Häusern jeweils drei Tag gewesen und fange jetzt wieder im ersten Haus an. Dadurch dass ich den Ablauf jedes Hauses jetzt kenne und auch einen Einblick bekommen habe, wie die Hausmütter jeweils ihr Haus „managen“, komme ich mir auf jeden Fall schon etwas hilfreicher vor, weil ich weniger nur noch daneben stehe und beobachte. Und auch von den Kindern kenne ich immer mehr und kann mir auch mehr und mehr Namen merken, wenn ich sie denn aussprechen kann. Es ist sehr auffällig, wie unterschiedlich die einzelnen Häuser sind und wie viel strenger es in den beiden Häusern zu geht, in denen die Hausmütter afrikaans sind. Dort wird sehr viel Wert auf gemeinsames Essen und Beten gelegt und es wird nur Englisch gesprochen. Die Zulu-Hausmütter sollen mit den Kindern eigentlich auch nur Englisch sprechen, tun das aber bei weitem nicht, was für uns manchmal echt doof ist, weil wir nichts verstehen. In einem Haus wird sogar aus einer ins Zulu übersetzen Bibel vorgelesen und auf Zulu gebetet. Für die Kinder ist das eigentlich absolut nicht von Vorteil, weil sie Englisch lernen müssen. Und so kommt es dann, dass wir ihnen im extra-study Englisch beibringen müssen, weil sie sonst in der Schule nicht mitkommen... In zwei Häusern geht es teilweise echt chaotisch zu, da kommen nicht mal alle zum Essen, essen auf der Couch oder in der Küche im Stehen (liegt aber leider auch teilweise am Platzmangel, weil die Häuser überfüllt sind). So kommt es, dass wir ein paar Favouriten unter den Häusern haben, aber das kann sich auch noch ändern.
Diese Woche war ich auch als aller erste Freiwillige im Highschool Jungs Haus eingeteilt. Eigentlich durchlaufen wir ja alle Häuser, aber aus irgendwelchen Gründen, die mir hier so keiner wirklich erklären kann, wurden die Freiwilligen bisher nicht nach „Gert Nel“ geschickt. Ich war also nun das Versuchskaninchen und lebe noch. Ich muss sagen, ich war gespannt wie es wird und es war anders als in den anderen Häusern. Dreißig 14 bis 20 Jährige Jungs finden es natürlich irre spannend wenn sich ein weibliches Wesen unter Hausmutter-Alter in ihr Haus verirrt. Und dann ist es natürlich auch nicht so ganz einfach einem 20 Jährigen klar zu machen, dass er eine Gleichaltrige „Aunty“ nennen muss (nachdem sie mir vorgeschlagen haben mich „Baby Nora“ oder „Beautiful Nora“ zu nennen, einigten wir uns auf „Sister Nora“). Ein Ring am Ringfinger tut auch immer ganz gute Dienste, weil man definitiv nach seiner Bedeutung gefragt wird und man dann am besten einen Freund vorgibt. Dann gibt’s erst mal großes Trara und ganz viel Traurigkeit aber es wird weiterhin alles versucht. Plötzlich sehen unsere Study Sachen furchtbar schwer aus und sie sind der festen Überzeugung, wir brauchen jetzt jemanden, der uns alles hinterher trägt. Die meisten der Jungs sind aber auch einfach nur nett und hilfsbereit und vielleicht rutscht ihnen nur ab und zu mal ein Zwinkern raus, aber da sollte man einfach nicht zu oft drauf reagieren.
An meinem ersten Abend in „Gert Nel“ war ich den Jungs dort ein bisschen „ausgesetzt“, weil ihre Hausmutter nicht da war und die Ersatzhausmutter sie mal lassen machen hat. Doch an meinem zweiten Abend war Aunty Anna wieder da und es ging alles etwas geregelter zu. So kam es, dass nach dem Essen nicht nur gelesen und gebetet wurde, sondern dass sich Aunty Anna dazu gesetzt hat und dann erst mal eine große Diskussion los ging und scheinbar jeder gleichzeitig reden wollte. Nach und nach haben die Jungs es hinbekommen nacheinander zu sprechen und sind immer aufgestanden, wenn sie geredet haben. Ich habe anfangs nichts verstanden, weil nur in Zulu gesprochen wurde (ich bin fleißig am lernen). Doch dann ist einer der älteren Jungs aufgestanden (er ist in Grade 12, ist also im Dezember fertig) und hat auf Englisch eine kleine Ansprache von ca. 3-5 Minuten gehalten, die mir sehr imponiert hat. Ich versuche euch mal in etwa seine Worte und ihre Meinung wiederzugeben:
„Ich denke, wir sollten alle dankbar sein, hier im Heim sein zu können, weil wir sonst nicht dort in unserem Leben stehen würden, wo wir sind. Ich kann von mir nur sagen, dass ich sonst nicht in Grade 12 wäre und dieses Jahr die Schule beenden würde und ich weiß, dass auch einige von euch gar nicht erst zur Schule gehen würden. Außerdem müssen wir dankbar dafür sein, dass wir jeden Tag essen bekommen, andere Menschen haben nicht mal die Möglichkeit, eine Mahlzeit am Tag zu haben. Wir sollten dankbar sein für die Kleidung, die wir tragen und das warme Wasser, was wir jeden Tag haben. Also nutzt diese Möglichkeit und spielt nicht mit ihr. Arbeitet für die Schule, verbessert euer Benehmen und seid umsichtig. Geht euren eigenen Weg und geht nicht diesen einen Weg, den alle anderen gehen, nur weil ihn alle anderen wählen. Es ist eure Entscheidung, selbst was aus eurem Leben zu machen, und ihr bekommt die Chance dazu. Aber dafür müsst ihr Gott in euer Leben lassen, damit er euch hilft, den richtigen Weg zu gehen.“

Klein Piwo
Wie ihr meinen Erzählungen entnehmen könnt, gehört Beten und das Lesen aus der Bibel hier zum Alltag. Jede Mahlzeit beginnt und endet eigentlich mit einem Gebet, wobei je nach Haus halt die Intensität, verbale Deutlichkeit und auch Sprache variiert. Und auch das Meeting morgens beginnt mit einem religiösen Text, den immer jemand anderes aussuchen muss (auch ich war schon an der Reihe und habe in einem Buch von einer Aunty einen Text über bedachte Worte vorgelesen) und einem Gebet, in dem Gott für den Tag und die Aufgabe, den Kindern helfen zu können, gedankt wird. Gleichzeitig wird gebetet, dass man diese Aufgabe gut macht und alle gesund bleiben. An sich simpel, doch für uns sehr ungewohnt. Beim ersten Mal war ich fast etwas „überrascht“, weil ich es einfach nicht gewohnt bin und mir auch keine großen Gedanken darum gemacht hatte, wie sehr hier Glaube und Religion praktiziert werden würden (ich wusste nur, dass das Heim von der Kirche unterstützt wird). Manchmal frage ich mich schon: „Glauben die das wirklich?“ Neulich hat mir eine Hausmutter zum Beispiel erzählt, dass sie jeden Tag zu Gott betet, er möge sie den Job nicht mehr lange machen lassen müssen, anstatt sich einen neuen zu suchen.
Doch trotzdem empfinde ich das Beten und auch den sonntäglichen Gang zur Kirche als etwas sehr Angenehmes hier. Man merkt, wie viel Struktur es schafft und wie viel Gemeinschaft es den Kindern und auch Mitarbeitern bringt. Als wir zum Beispiel letzte Woche in der Gemeinde waren, haben sich die Mädchen zum Schluss aufgestellt und mit einem Lied Jesu gedankt. Später haben wir dann alle gemeinsam das gleiche Lied auf vier Sprachen gesungen. „Danke Jesus“ auf Zulu, Englisch, Afrikaans und Deutsch. Alle haben mitgemacht und hatten einen heiden Spaß – der Zweck war erfüllt. Und auch das Erlebnis in „Gert Nel“ hat mir sehr imponiert und gezeigt, dass die Kinder etwas brauchen, an das sie glauben können und das sie zusammenhält.


Ich denk an euch und freue mich über Geschichten von zu Hause oder anderen Teilen der Welt :)
Eure Nora

PS.: Zulusprachkurs - Einheit 2: So lernen wir uns kennen
Hallo Sawubona
Wie geht’s dir? Unjani?
Mir geht’s gut Ngiyaphila
Und dir? Wiena unjami?
Mir geht es auch gut Namingiyaphila
Ich heiße Igama lami ngingu
Und du? Elakho ngubani?
Wo kommst du her? Uhlalaphi?
Ich komme aus D Ngihlala eGerman
Tschüss Salakahle (Salakachle, „ch“ wird weich ausgesprochen)

Sonntag, 12. August 2012

"The Location"

Unser Zimmer
(die Zettel über meinem Bett sind über die Zeit angesammelte "Deine Mudda"-Witze...)
Wieder ist eine Woche rum, und dass diese für mich sehr schnell vorbeizog, zeigt, dass ich merkbar immer mehr hier ankomme. Ich fühle mich mittlerweile recht wohl hier und nachdem ich mein Zimmer mal einem ordentlichen Frühjahrsputz (und hier ist es wirklich ein Frühjahrputz) unterzogen habe, wobei ich ein paar Bücher gefunden habe, ist auch das allein gut zu bewältigen. Ich genieße es ehrlich gesagt, nach einem Tag schreiender Kinder oder streitender Jugendlicher in mein Zimmer zukommen und nichts tun zu müssen. Mir macht es Spaß mit den Kindern zu sein und Spiele mit ihnen zu spielen, aber wie das halt so ist, kann es auch echt anstrengend werden. Ich entdecke immer mehr, dass die verschiedenen Häuser alle sehr unterschiedlich sind und ich mich in dem einen manchmal wohler fühle, als in einem anderen. Besonders wenn du Housemother Zulu ist, wird eigentlich nur Zulu gesprochen, woran ich mich überraschend schnell gewöhnt habe, aber ich doch merke, dass es angenehmer ist, alles zu verstehen. Außer die Kids kriegen mal wieder eins hinter die Löffel, das muss man nicht immer mitbekommen.

Goodness und Piwo
 Wichtig war für mich wohl das letzte Wochenende, von dem ich euch noch berichten möchte. Goodness hat mich also zu ihrer Familie nach Pietermaritzburg eingeladen und sagte mir, dass ihr zu Hause für mich etwas Anderes und Neues sein werde und nicht zu vergleichen sei mit Greytown und dem Heim. Wir sind also von einer Aunty aus dem Heim mit nach PMB genommen worden und haben von der Stadt aus erst mal ein Taxibus genommen. Taxibusse sind Busse die offiziell 12-14 Leute mitnehmen (realistisch zu guten Zeiten ca. 20 Leute) und eine Route fahren, auf deren Weg Leute ein uns aussteigen. Gezahlt wird bei einem Burschen, der immer mitfährt, die Tür aufmacht und den Frauen bei ihren gefühlten 50000 Tüten und 3 Kindern auf dem Arm hilft. Ich war sehr gespannt darauf, weil die Meinungen hier sehr verschieden über die Busse sind. Aunty Rene (die Frau von Pieter, dem Heimleiter) sagte zu mir, es sei gefährlich mit ihnen zu fahren und sie würde ihren Kindern das nicht erlauben. Ihr Mann sagte mir, er sehe das nicht so, ich könne damit fahren, auch alleine, der Bus muss nur voll sein und ich solle auf keinen Fall nachts damit fahren. Die anderen Volunteers haben mir auch berichtet, sie seien alleine damit gefahren aber ich war erst mal froh, dass erste Mal mit einem Local gemeinsam fahren zu können. Wir zahlten also jeder  9 Rand (ca. 90 cent) um von der Stadt ins ca. 20 minütig entfernte zu Hause von Goodness zu fahren und ich fühlte mich keinesfalls unwohl. Der Bus fuhr durch PMB bis wir schließlich an einer Mall vorbeikamen, wo schon auffiel, dass keine Weißen mehr zu sehen waren. Ab da gings bergauf ins Township, was hier „Location“ genannt wird. Tja, für mich als Deutsche eine andere Welt, von der ich erwartet habe, sie in Afrika zu sehen.
Goodness´ Mutter lebt mit einer ihrer Enkelinnen und bis jetzt auch mit Goodness´ Tochter Piwo zusammen (die nach unserem Besuch aber mit uns ins Kinderheim gekommen ist). Eine ihrer Töchter lebt mit ihrem Mann direkt gegenüber und ist mit ihrem fünfmonatigen Sohn eigentlich auch den ganzen Tag anwesend. Die Familie hat zwei Hütten, von der die eine aber eigentlich nie genutzt wird (ich habe sie als Badeort genutzt). Eine Hütte besteht aus einem Raum, in dem sich eine Küchenzeile, Kühlschrank, ein Tisch, zwei Betten und ein Fernseher drin befinden. Fließendes Wasser gibt es für jede Hütte vor der Tür aus einem Hahn, braucht man warmes muss es aufgekocht werden. Die Toilette ist ein Plumpsklo hinter dem Haus. Es gibt Dinge, an die muss man sich dort gewöhnen, zum Beispiel, dass man als Weiße nachts nicht alleine hinters Haus auf Toilette geht oder man zu sechst in einem Raum schläft und das schreiende Baby direkt neben einem nicht in einem Nebenraum beruhigt werden kann. Oder einfach dass es kein fließend Wasser gibt. Dementsprechend wird sich auch anders gewaschen. Ich habe eine große Plastikschüssel mit aufgekochtem Wasser, einen Waschlappen und ein Handtuch bekommen und wurde in dem nicht genutzten Raum mir selbst überlassen. Ich weiß zwar nicht, ob und wenn ja wann, ich mich zuletzt so gewaschen habe, aber es gefiel mir. Wenn man so aufwächst, freut man sich sicher über jede Dusche aber wenn man eben nicht damit aufwächst, merkt man, dass es auch ohne geht.
Ich mochte es insgesamt sehr bei Goodness Familie. Alle waren sehr nett zu mir, ich habe ununterbrochen essen aufgequatscht bekommen und es war einfach neu und anders. Goodness fragte mich öfter, ob es mir gut ginge und es mir gefalle, ich hatte manchmal den Eindruck, sie wolle sich eventuell dafür „entschuldigen“, wie ihre Familie lebt. Aber ich habe es wirklich sehr genossen dort und habe mir nichts daraus gemacht auf ein Plumpsklo gehen zu müssen und keine Dusche mit Warmwasser zu haben.
Wenn ich mit ihr durchs Township gelaufen bin (welches leider sehr sehr dreckig ist, weil jeder seinen Müll irgendwohin schmeißt), hatten wir automatisch alle Aufmerksamkeit. Es passiert wohl nicht sehr häufig, dass sich Weiße dorthin „verirren“. Jeder hat uns gegrüßt, manche riefen mir Sachen, wie „Ich liebe Dich, ich will dich heiraten“ hinterher, was man am besten mit einem Lächeln und einem „Nein, Danke“ beantwortet. Teilweise drehen die Jungs aber auch ein bisschen über und dann muss man etwas direkter werden. Aber da ich Goodness bei mir hatte, habe ich mich immer sehr sicher gefühlt und alleine als Weiße würde ich da soeben mal nicht lang spazieren.
Schön an Pietermaritzburg ist, dass es dort deutlich wärmer als in Greytown ist. Zwar hatten wir in Greytown tagsüber immer ganz passable Temperaturen aber nachts wird es hier echt bitterkalt. In PMB war es tagsüber gut warm und nachts konnte man ebenfalls noch in leichter Jacke rumlaufen, während ich mir hier alles Pulloverartige, was ich finden kann, überschmeiße. Diese Woche hatten wir morgens tatsächlich Schneeregen, gestern waren es tagsüber bestimmt 25 Grad und auch abends lauwarm. Ihr merkt, über den südafrikanischen Winter lässt sich keine Pauschalaussage machen, er kommt, wie er kommt. Mal in T-Shirt mal in dicker Strickjacke (die mir Rene zum Glück geliehen hat). Leider wird man bei so einem Wetter schnell krank, was mir glaub ich kurz bevor steht.
Morgen kommen zwei weitere deutsche Freiwillige und ich bin sehr gespannt auf sie. Ich freue mich sehr auf die Zeit, weil wir unsere freien Tage und Wochenenden Reisen betreffend auf jeden Fall gemeinsam mehr nutzen können, als ich es alleine könnte und die Abende und freien Stunden etwas lebhafter werden. Aber ich genieße es auch, noch die einzig Deutsche hier zu sein, das Zimmer noch für mich allein zu haben und die einzige „Aunty  German“ zu sein (wenn mein Name mal vergessen wird).

"Toddlers"

Ich denk an euch und freue mich, von euch zu hören
Eure Nora

PS.: Zulusprachkurs – Einheit: Vokabeln, die den Kopf betreffen:
Haare: unwele
Kopf: ikhanda
Ohren: idlebe
Augen: amehlo (amechlo)
Nase: ikhala
Mund: umlomo
Zähne: amazinyo
Gesicht: ubuso (obuso)

Sonntag, 5. August 2012

Meine erste Woche

Hallo ihr Lieben,
zunächst war ich mir nicht sicher, ob ich einen Blog schreiben will, aber ich habe in der ersten Woche so viele liebe, interessierte und aufmunternde Nachrichten bekommen, auf die ich alle Antworten will, dass ich vereinfacht einfach einen Blog schreibe und jeder der mag, kann mir und meinen Erfahrungen in Südafrika folgen.
Ich bin gut angekommen, hatte einen recht angenehmen Flug und wurde erfolgreich vom Flughafen abgeholt. Aber das ist ja eigentlich relativ unwichtig. Wichtig ist nur, dass ich leider feststellen musste, dass der südafrikanische Winter wirklich kalt sein kann! Heizungen gibt es nicht und ein dicker Pullover mehr wäre gut gewesen, aber es gibt "Mr Price" - alles was du willst zu günstigen Preisen :)

Toevlug: Haus von Sarah
Zunächst versuche ich mal, euch das Kinderheim ein bisschen näher zu bringen. Das Kinderheim besteht aus 7 Häusern, in denen jeweils 12 bis 30 Kinder mit einer Housemother leben. Es gibt ein Office Gebäude, eine Laundry, eine Klinik und ein oder zwei Gebäude, wo die Mitarbeiter leben (aus der Laundry, Küche und die "helfenden Hände", wie ich sie nenne). Der Direktor des Heims Pieter lebt mit seiner Familie ebenfalls auf dem Gelände und dann gibt es noch das Haus von Aunty Sarah. Aunty Sarah lebt mit ihrer Tochter und deren Tochter und mit den Volunteers, also im Moment mir. Es gibt zwei Räume, in denen die Volunteers leben, in denen ich mich also momentan noch alleine breit machen kann. Denn bis nächste Woche Montag bin ich noch alleine hier. Ich hab ein Bad für mich (in dem ich schon zum ersten Mal zur Spinnenmörderin wurde) und nutze die Küche von Sarah mit.
Also ich bin hier Aunty Nora und werde sehr neugierig beäugt. Es ist sehr auffällig und interessant, wie verschieden die Kinder sind und reagieren. Manche grüßen schüchtern, andere wollen einen am liebsten für sich alleine haben und wieder andere sind extreeem freundlich (man könnte von einer Schleimspur sprechen, die auch noch schnell verschwinden wird). Mein größtes Problem mit den Kindern ist, dass ich mir die meisten Namen echt nicht merken, geschweige denn sie aussprechen kann. Die meisten haben nämlich Zulu-Namen, die echte Zungenbrecher sind. Es gibt nur 4 weiße Kinder hier, denen ich aber noch nicht über den Weg gelaufen bin. Ansonsten arbeiten hier einige weiße afrikaans Leute. Aber jeder spricht Englisch und das eigentlich ziemlich gut. 

Spielplatz
Mein Tagesablauf sieht so aus, dass ich morgens um 7 Uhr die "toddlers" zur Vorschule bringe. Also kleine süße Schockobabys zwischen 3 und 6 :) Sie sind wirklich sehr süß und vor allem die drei jüngsten freuen sich immer total, wenn sie mich sehen und umarmen mich und wollen immer über meine Haare streichen. um 7.30 Uhr ist "Meeting", an dem alle Housemothers teilnehmen und die Dinge für den Tag besprochen werden. Danach habe ich erst mal bis 12 Uhr frei. Die Zeit habe ich letzte Woche zum schlafen genutzt und habe mit von Goodness die Stadt zeigen lassen. Goodness ist aus Pietermaritzburg und arbeitet hier seit Juni freiwillig, ab morgen ist sie allerdings ebenfalls Housemother, weil eine sich einfach aus dem Staub gemacht hat.
Die "Stadt" ist sehr klein und hat einfach ein paar Geschäfte. Ich werde auch mal ein paar Fotos machen, aber es gibt eigentlich nichts aufregendes. Aber es gibt Palmen üüüberall :)
Um 12 Uhr hole ich die toddlers wieder ab und gehe danach in eins der Häuser (ich bin immer drei Tage in einem Haus und wechsle dann in ein anderes), helfe dort ein wenig und bekomme Essen. Mittags gibt es immer "Brot" (=helles ungetoastetes Toast) mit Peanutbutter und Golden Syrup - klingt komisch, ist aber lecker! Ab 13.30 Uhr habe "study time". Das bedeutet, dass ich verschiedene Kinder in verschiedenen Klassen habe, denen ich bei ihren Hausaufgaben und beim lernen helfe. Momentan habe ich 3 aus der Vorschule, mit denen ich nur die Zahlen und Buchstaben lerne und einen aus der Junior School, mit dem ich seine Hausaufgaben mache. Aber das wird sind noch ändern, besonders wenn die andere Freiwilligen kommen. Danach gehe ich wieder in das Haus, in dem ich eingeteilt bin, helfe bei den Bettvorbereitungen oder bei was auch immer ansteht, und bekomme wieder essen. Das Essen ist eigentlich nicht seeehr anders, und bisher haben alle Hausmütter auf mein Vegetarier-Dasein Rücksicht genommen.

Der Pool :)
Abends habe ich noch für anderthalb Stunden 5 Mädchen aus der High School, denen ich bei den Hausaufgaben helfe und sie bringen mir ein bisschen Zulu bei. Ich kann jetzt alle Wörter, die das Gesicht betreffen. Eine echt coole, aber komplizierte Sprache.
Tja, danach habe ich frei und nicht viel zu tun. Ich gehe eigentlich sehr früh schlafen, weil man auch echt geschafft ist, mit den ganzen neuen Eindrücken aber noch ohne die anderen Freiwilligen habe ich mich diese Woche oft allein gefühlt. Etwas, was man echt lernen muss, habe ich gelernt. Ich will nicht wo anders sein, aber besonders wohl fühlte ich mich auch nicht. Es ist halt neu und anders.

Ich hatte nun aber ein sehr tolles Wochenende in Pietermaritzburg bei der Familie von Goodness, von dem ich bald berichten werde.
Danke fürs Lesen und ich freu mich über jede Nachricht und E-Mail. Lasst von euch hören!!
Eure Nora